"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Mittwoch, 13. April 2016

Der Tod eines Mythos?

Momentan spricht alles dafür, dass es Disney Studios gelungen ist, das Star Wars - Franchise neu zu starten und das Fundament für ein zweites "cineastisches Universum" zu legen, das ähnlich profitabel zu werden verspricht wie ihre Marvel - Reihe. 
Mit einem Einspielergebnis von $933,662,528 ist The Force Awakens  zumindest nominell der bis heute finanziell erfolgreichste Film auf dem nordamerikanischen Kinomarkt und muss sich auch in Hinblick auf die weltweiten Einnahmen nur Avatar und Titanic geschlagen geben. Zieht man Inflation etc. mit in Betracht, sieht das Ergebnis zwar etwas anders aus, aber ein gewaltiger kommerzieller Erfolg ist der Streifen auf jedenfall. Und mit einem Rating von 92% auf Rotten Tomatoes genießt er offenbar auch die Gunst der überwältigenden Mehrheit der Kritiker & Kritikerinnen.
Die Animations-Serie Star Wars Rebels scheint sich gleichfalls großer Beliebtheit zu erfreuen. 
{Was ich von ihr gesehen habe, schaut wirklich nicht so übel aus. Und das kommt vom einen erklärten Verächter der Clone Wars! Etwas irritieren tut mich allerdings, dass ich im Zusammenhang mit Rebels schon mehr als einmal auf die Formulierung gestoßen bin, die Serie sei eine Art "Kombination aus Star Wars und Firefly". Ich weiß ja, was ihr damit ausdrücken wollt, aber mich nervt allmählich diese ganze Joss Whedon - Mythos - Pflege! Firefly [2002/03] war nicht die erste SciFi - Serie, die eine konfliktreiche Crew von Misfits auf Weltraumabenteuer geschickt hätte. Ich erinnere bloß an Farscape [1999-2003], aber im Grunde könnte man bis zu Blake's 7 [1978-81] zurückgehen.}
Und der kürzlich veröffentlichte erste Teaser-Trailer für Rogue One scheint ebenfalls dafür zu sprechen, dass die Verantwortlichen bei Disney / Lucasfilm verstanden haben, wie man ein neues Star Wars - Franchise aufzuziehen hat. "This is a rebellion, isn't it?"

Dennoch kam mir vor ein paar Tagen der Gedanke, ob wir nicht vielleicht gerade dabei sind, dem Untergang des Star Wars - Mythos beizuwohnen.

Was mich auf diese, auf den ersten Blick möglicherweise etwas verrückt klingende Idee brachte, waren die Tweets einer zwanzigjährigen SciFi- und Filmfreundin, über die ich zufällig gestolpert war. Der erste lautete: "Muss ich alle Star Wars Filme gucken um The Force Awakens zu verstehen?" Dem folgte einige Tage später: "Entschluss gefasst. Ich werde mir Star Wars Episode IV-VI antun bevor ich Force Awakens schaue." Offenbar fand sie Star Wars aka A New Hope eher langweilig.
Obwohl ich kein leidenschaftlicher Star Wars - Fan bin, hatte ich für einen kurzen Moment doch das peinliche Gefühl, mich in einen grantelnden alten Sack zu verwandeln, der sich über die ach so respektlose Jugend von heute ereifert: Ob zum Guten oder zum Schlechten George Lucas' Original ist einer der einflussreichsten SciFi-Filme aller Zeiten! Er hat besseres verdient, als zum belächelten Vorfahr eines gerade hippen Blockbusters degradiert zu werden, dessen Script zu einem Gutteil Lucas' alte Story recyelt!
Doch meine Empörung hielt glücklicherweise nicht all zu lang an, und stattdessen begannen meine Gedanken in folgende Richtung zu wandern: Auch wenn die Verfasserin dieser Tweets nicht repräsentativ für die Film- und SciFi - Fans ihrer Generation sein mag, ist es doch nicht unwahrscheinlich, dass eine wachsende Anzahl von Leuten bei Star Wars in Zukunft weniger an Lucas' Trilogie {die Prequels wollen wir ganz wie J.J. Abrams gnädig ignorieren} als vielmehr an die von Disney produzierten Filme und Serien denken werden.  

Und in gewisser Hinsicht wäre das vielleicht gar nicht einmal so schlecht. Damit würde Star Wars endlich seine "mythische" Aura verlieren und zu einem SciFi - Franchise unter vielen werden. Niemand würde mehr die verrückte Behaptung aufstellen wollen, die Sternenkrieger-Saga sei das moderne Äquivalent zu Beowulf, dem Gilgamesch - Epos oder der Ilias. Denn wie kompetent gemacht und sympathisch die neuen Filme auch sein werden, es kann kein Zweifel daran bestehen, dass sie nie einen ähnlichen Status wie die ursprüngliche Trilogie erreichen werden. Ganz gleich wie kommerziell erfolgreich sie sind, ihr Einfluss auf den SciFi-Film und die Populärkultur im Allgemeinen wird garantiert nie so groß sein, wie der ihrer Vorgänger. Und so wird das Ende des Star Wars - Kultes ironischerweise vielleicht nicht durch dessen kritische oder künstlerische Dekonstruktion herbeigeführt werden, sondern durch eine Art Reboot des Franchises im Rahmen des zeitgenössischen Blockbuster-Kinos mit seinen "cineastischen Universen" und studioeigenen Fünf-Jahres-Plänen. Was ich irgendwie amüsant finde.

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