"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Freitag, 19. Juli 2013

Wie gehabt

Nach meinem kurzen Ausflug an die Sequel-Front hat mich ein Besuch im Den of Geek heute wieder in die sattsam bekannten Gefilde der Remake-Routine zurückkatapultiert. Und das mit erbarmungsloser Brutalität, darf man dort doch eine Liste mit sage und schreibe 
57
Remakes und Reboots bestaunen, die sich derzeit in Planung befinden!

Erstaunlicherweise hat mich die Lektüre dieses Konvoluts eher zum ausgiebigen Seufzen und Kopfschütteln als zum Fluchen und Kreischen animiert.
Die Welt braucht zwar ganz sicher keine Remakes von Highlander, Leprechaun, The Mummy, Tomb Raider, Van Helsing oder Waterworld, aber weh tun wird's auch niemandem. Und als ich gar Police Academy auf der Liste erblicken musste, konnte ich ein lautes Lachen nicht unterdrücken. Ist das jetzt ein besonders krasser Beleg dafür, wie trostlos es in den Köpfen der Verantwortlichen aussieht, oder ein weiteres Beispiel für die grenzenlose Verachtung, mit der diese Leute den Publikumspöbel betrachten, der ihr luxuriöses Leben finanziert?
Natürlich finden sich auch ein paar wirklich ärgerliche Eintragungen. Will Smiths Plan etwa, Sam Peckinpahs Klassiker The Wild Bunch ins heutige Mexiko zu verlegen und einen Ex-D.E.A.-Agenten dabei zum Helden zu machen, ist wirklich ganz schön unverschämt. Allerdings wirkt er zugleich so grotesk, dass sich kein richtiger Zorn bei mir einstellen will.
Die drohende Neuverfilmung von Gremlins ist da schon eher geeignet, heftige Emotionen in mir wachzurufen. Muss Hollywood sich denn unbedingt an Filmen vergreifen, mit denen ich nostalgische Erinnerungen verbinde? Und ist es denn tatsächlich so schwer zu kapieren, dass ein Film mit einem computergenerierten Gizmo unmöglich den Charme von Joe Dantes Original besitzen wird? Die Jungs und Mädels werden's wohl nie lernen!
Eine ähnliche, wenn auch nicht ganz so heftige Reaktion ruft bei mir die Nachricht hervor, dass auch Short Circuit (Nummer 5 lebt) für ein Remake vorgesehen ist. Und warum zum Teufel brauchen wir eine neue Version von Logan's Run?! War denn das 2002er Reboot von Rollerball noch nicht genug? Und wer bitte schön ist auf die hirnverbrannte Idee gekommen, ein Remake von Hitchcocks Rebecca filmen zu wollen?
Eher bizarr mutet hingegen das Projekt an, WarGames einem filmischen Wiederbelebungsversuch zu unterziehen. John Badhams Original ist so deutlich ein Produkt der Zeit von Ronald Reagans Zweitem Kalten Krieg, dass es völlig unverständlich erscheinen muss, wie man auf diese Idee verfallen konnte. Aber vermutlich hat sich da irgend so ein Schlaukopf gedacht: "Hey, hat Matthew Broderick damals nicht einen jugendlichen Hacker gespielt? Das passt doch ganz wunderbar in unser Internet-Zeitalter!" {Seufz!}
Wirklich zum Gruseln wird's dann allerdings, wenn man erfahren muss, dass auch David Cronenbergs Videodrome "gerebootet" werden wird. Mit einem Drehbuch von Ehren Kruger! Was Mr. Kruger bisher so geschrieben hat? Na ja, u.a. das Drehbuch zu Transformers: Dark of the Moon! Und bei Transformers 2 war der gute Mann auch mit von der Partie! Ich glaube, jetzt ist es doch an der Zeit, zum Kotzkübel zu greifen ...


Sorry, aber das musste einfach sein. Wo waren wir stehengeblieben? Ach ja ...
Starship Troopers ... Ja, der Name steht auch auf der Agenda! Doch glücklicherweise könnte der kommerzielle Reinfall des Remakes von Total Recall dem einen Riegel vorgeschoben haben. {Vielleicht sollte ich den Göttern des cineastischen Olymps heute Nacht noch ein kleines Trankopfer darbringen?} Ich bin kein großer Fan des Originals, aber Paul Verhoeven hatte wenigstens versucht, aus Heinleins Roman eine Satire auf Militarismus und Faschismus zu machen. Auch wenn ihm dies meiner Meinung nach nicht wirklich gelungen ist, so fürchte ich doch, dass die Macher eines Remakes nicht einmal mehr eine solche subversive Absicht verfolgt hätten. Und was dann dabei herausgekommen wäre, möchte ich mir lieber gar nicht erst auszumalen versuchen ...
Und damit wären wir beim erstaunlichsten Eintrag in der langen Liste angekommen: Suspiria!!! Es fällt nicht leicht, die Gefühle zu beschreiben, die mich überkamen, als ich Dario Argentos Meisterwerk unter den zum Rebooten freigegebenen Filmen erblicken musste. Ungläubiges Entsetzen trifft es vielleicht am besten. Nachdem ich jedoch den Namen des verantwortlichen Regisseurs gelesen hatte, war es weniger Wut als vielmehr eine Art melancholische Verzweifelung, die mich erfüllte. David Gordon Green ist ein durchaus talentierter Filmemacher, wie er vor allem mit seinen frühen Werken George Washington (2000), All the Real Girls (2003) und Snow Angels (2007) bewiesen hat. Und ich glaube verstehen zu können, warum er gerne ein Remake von Suspiria drehen würde. In einem Interview mit Filmkritiker David Walsh hat er einmal über George Washington gesagt:
[I]deally it's a film I designed so that you could take a long walk afterward and think about what you've seen, and it would feel like a dream. One of those dreams that make perfect sense when you're dreaming, but you wake up and try to explain it to a friend and you can't quite figure out the order of things, but you know the mood you're in.
Tatsächlich besitzen seine frühen {und besten} Filme eine in gewissem Sinne traumartige Qualität. Und dasselbe gilt, wenn auch auf völlig andere Art, für Dario Argentos Horrorklassiker. Ich kann mir deshalb sehr gut vorstellen, dass David Gordon Green Suspiria liebt und bewundert. Seinen Wunsch, ein Remake zu produzieren, würde ich als einen Ausdruck eben dieser Liebe und Bewunderung interpretieren. Freilich kann ich nur schwer verstehen, wie man auf die Idee verfallen kann, dies sei die angemessene Art, um einem bewunderten Künstler Respekt zu zollen.     

So, mehr habe ich über die Liste der 57 fürs Erste nicht zu sagen. Erstaunlich finde ich allerdings immer noch, dass {mit Ausnahme von Conan} bisher kein einziger Fantasyklassiker der 80er Jahr mit einem Remake versehen wurde. Nicht dass ich mir das wünschen würde, aber es ist doch irgendwie eigentümlich ...

6 Kommentare:

  1. »Erstaunlich finde ich allerdings immer noch, dass {mit Ausnahme von Conan} bisher kein einziger Fantasyklassiker der 80er Jahr mit einem Remake versehen wurde. Nicht dass ich mir das wünschen würde, aber es ist doch irgendwie eigentümlich ...«

    Ein Remake von Red Sonja vegetiert schon länger in der Development Hell vor sich hin. Da kann es meinetwegen auch bleiben, denn dahinter stehen die selben Leute wie hinter Nispels Conan, und als Regisseur ist Simon West vorgesehen, der solchen Dumpfsinn wie Con Air fabriziert hat.

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  2. Oh ja, stimmt! Das seit Ewigkeiten vor sich hin vegetierende "Red Sonja" - Projekt hatte ich wohl schon glücklich verdrängt! Aber war Richard Fleischers gruseliges Original tatsächlich ein "Klassiker"? Na ja, irgendwie wahrscheinlich schon ...

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  3. Hmm, mein Eindruck ist schon, dass den meisten Leuten beim Stichwort »Fantasyfilme der 80er« vor allem Zelluloidmüll wie Krull, Ridley Scotts Legend, Highlander oder eben Red Sonja* einfällt. Was immer man davon halten mag: Ich glaube schon, dass solche Filme das Bild von Fantasy auf der Leinwand stark geprägt haben.

    Gar nicht schön, wenn man bedenkt, dass in den 80ern die ersten Filme von Hayao Miyazaki und Terry Gilliam** entstanden, Jim Hensons Dark Crystal und Labyrinth, The Company of Wolves und A Chinese Ghost Story. Oder Rob Reiners Princess Bride. Im Grunde waren die 80er eine wundervolle Zeit für Fantasyfilme. Man wird nur mit großer Wahrscheinlichkeit falsch verstanden, wenn man nicht explizit dazusagt, welche Filme man meint. :-D

    * Den ich übrigens nie komplett gesehen habe. Als er mal in der Glotze lief, gab mein Fernseher ungefähr nach einem Drittel des Films den Geist auf, und ich habe mir seither keinen neuen gekauft ...
    ** Wobei der ja schon in den 70ern zweimal Regie geführt hat.

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  4. Ja. vermutlich hast du leider recht, und die meisten Leute denken bei "Fantasy der 80er" tatsächlich erst einmal an all das, was in der Folge von "Conan the Barbarian" im Lendenschurz die Leinwände eroberte. Und dann wahrscheinlich noch an "Willow", "Legend" und "Ladyhawke". Eine etwas präzisere Formulierung meinerseits wäre darum wohl angemessen gewesen. Obwohl ich bei "Klassiker" schon auch an die High Fantasy - Gurken "Willow" und "Legend" gedacht hatte. In erster Linie aber natürlich an Filme wie "Time Bandits", "Labyrinth" oder "The Princess Bride".

    Die Clonan-Flut bestand freilich nicht nur aus Müll. (Hast du nicht behauptet. Ich lass jetzt bloß mal meine Gedanken etwas wandern.) Lucio Fulcis "Conquest" finde ich z.B. auf seine Art sehr faszinierend, wie ich hier letztens ja schon mal zu beschreiben versucht habe. Und eine etwas ausgedehntere Expedition in den Dschungel der Barbaren-Flicks würde vielleicht noch das eine oder andere ganz ansehnliche Fundstück zu Tage fördern. Wer weiß? Irgendwann werde ich mal all meinen Mut zusammennehmen und mich - mit einem Stoßgebet zu Crom auf den Lippen - auf diese Abenteuerfahrt begeben.

    Hach ja, die 80er Jahre waren zugleich ein Goldenes Zeitalter und ein gigantisches Schlockfest des Fantasyfilms!

    Mit Ausnahme des "Wandelnden Schlosses" habe ich peinlicherweise noch keinen der Filme von Hayao Miyazaki gesehen. Anime stellt für mich ohnehin ein riesiges Fremdland dar.

    Um noch mal auf "Red Sonya" zurückzukommen: Du musst einen sehr weisen Fernseher gehabt haben. Ich habe die Gute irgendwann mal als VHS-Kassette für einen Euro oder so in einem türkischen Kramladen erstanden. Ist immer noch viel zu teuer gewqesen ...

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    1. Nicht-müllige Barbarenfilme fände ich auch spannend. Wobei ich behaupten würde, dass Conan the Barbarian (der von Milius natürlich) nicht in dem Sinne Müll ist, wie sein Sequel und Red Sonja das sind. Conan the Barbarian ist in meinen Augen ein schauderhafter Film, aber nicht, weil er so trashig wäre, sondern eher wegen seines ideologischen Gehalts. Eben einer jener Filme, die sehr aussagekräftig und sehr abstoßend sind (und auf viele Leute sehr faszinierend wirken). Sonst kenne ich leider keine Filme aus diesem Bereich (ah, doch: The Barbarians von Ruggero Deodato), bzw. ich habe einige als Kind gesehen und die Titel vergessen.

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  5. Nein nein nein! Ich wollte auf gar keinen Fall den Eindruck erwecken, der gute alte Milius-"Conan" sei in meinen Augen Müll! Für mich ist das ein echter Klassiker! Ideologisch abstoßend - ganz ohne Frage -, aber trotzdem irgendwie fantastisch: Ein wunderbar absurdes Pathos, beeindruckende Cinematographie, tolle Musik, und Arnie wie ich ihn liebe.

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