"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Dienstag, 8. Mai 2012

Aaarrh ...

Es hilft alles nichts, ich muss schon wieder den Filmsnob spielen.
Nichts böses ahnend schaue ich heute Mittag bei den PhantaNews vorbei, und da springt mir die folgende gruselige Schlagzeile entgegen: Starz macht mit Michael Bay die Piratenserie BLACK SAILS.

Lang lang ist sie her, die Goldene Zeit des Piratenfilms ... Captain Blood, The Sea Hawk, The Crimson Pirate ... Der erste Teil von Pirates of the Caribbean hätte einen beinahe glauben lassen können, es gäbe die Chance für eine würdige und witzige Wiederauferstehung des Genres. Dann kamen die Sequels ... Und jetzt wird sich zu allem Überfluss also auch noch Michael Bay am Jolly Roger vergreifen.

Spätestens mit seinen Transformers - Filmen hat der Regisseur gezeigt, dass er es sich offenbar zur Lebensaufgabe gemacht hat, den Action-CGI-Blockbuster auf ein bisher nicht vorstellbares Niveau herabzuführen. Angesichts der nicht gerade überwältigenden Qualität der meisten Hollywood-Produktionen unserer Zeit eine echte Herausforderung, der sich Bay jedoch leider gewachsen gezeigt hat. Er ist der lebende Beweis dafür, dass man heutzutage ein erfolgreicher Filmemacher sein kann, ohne die elementarsten Regeln des Geschichtenerzählens zu beherrschen. Wenn Starz-Boss Chris Albrecht ihn allen Ernstes als "Visionär" bezeichnet, beweist das, dass er entweder nichts von Filmkunst versteht oder dass die Aussicht auf noch mehr Moneten bei ihm alle übrigen Erwägungen zur Bedeutungslosigkeit verdammt hat.
Aber einmal ganz abgesehen von Michael Bay (der ja nicht als Regisseur, sondern bloß als Produzent vorgesehen ist), zeugt die Grundidee der Serie nicht eben von übersprudelnder Originalität: "Die Show be­leuch­tet die Aben­teuer von Cap­tain Flint und sei­ner Mann­schaft grob 20 Jahre vor den Ge­scheh­nis­sen in Robert Louis Stevensons Klas­si­ker TRE­A­SURE IS­LAND (DIE SCHATZINSEL)."
Manche werden diese Beurteilung inzwischen vielleicht etwas langweilig finden, aber meiner Meinung nach wird hier schon wieder ein großer Name zur Aufpolierung eines mediokren Projekts ausgenutzt. Ich behaupte jetzt einfach mal, dass so gut wie niemand, der Treasure Island genossen hat, sich wünschen würde, näheres über die Erlebnisse von Flint und seiner Crew zu erfahren. Ich z.B. liebe die Figur des Long John Silver, aber wirklich interessant wird er doch nur in seiner Beziehung zu Jim Hawkins. Was er zwanzig Jahre zuvor unter seinesgleichen getrieben hat, interessiert mich nicht die Bohne. Aber Stevensons Roman ist halt die berühmteste Piratengeschichte, also gucken wir mal, ob wir nicht noch ein paar Hunderttausend Dollar aus ihr herauspressen können.
Doch es wird noch besser (oder schlimmer). Für einen waschechten Piratenfilm ist Treasure Island ein denkbar schlechter Ausgangspunkt. Was den Piraten zu einer faszinierenden Gestalt macht, ist sein Rebellentum, sein Kampf gegen die Reichen und Mächtigen dieser Welt. Das gilt nicht nur für seine romantisierten Inkarnationen in Gestalt von Errol Flynn oder Johnny Depp, sondern auch für die Mitglieder der historischen 'Bruderschaft' (wen's interessiert, der schaue hier nach). In Stevensons Roman hingegen sind nicht die Freibeuter die Helden, sondern die Vertreter des rechtschaffenen Engländertums, Squire Trelawney, Doctor Livesey, Captain Smollett und letzlich Jim Hawkins.


PhantaNews Stefan Holzhauer freilich ist der Meinung: "Nach dem was man von SPAR­TA­CUS ge­se­hen hat, dürfte das sehr span­nend wer­den!" Jedem das Seine, aber für mich war Spartacus: Blood and Sand eher ein Beleg dafür, wie heutzutage selbst der legendäre Anführer des größten Sklavenaufstands der römischen Geschichte zum Protagonisten einer TV-Serie um persönliche Rache, Sex und Gewalt gemacht werden kann.  Es mag ja kein cineastisches Meisterwerk sein, aber ich schau ich mir da lieber noch einmal Stanley Kubricks Spartacus an. Drehbuchautor Dalton Trumbo, einer der 'Hollywood Ten', die bereit waren im Widerstand gegen den Antikommunismus der MacCarfhy - Ära ins Gefängnis zu gehen, hatte zumindest eine Ahnung davon, was Rebellion und Revolution wirklich  bedeuten.

Und wer als Filmfreund oder -freundin Spaß an Michael Bay haben will, der schaue sich an, was die Jungs von RedLetterMedia zum dritten Teil von 'Transformers' zu sagen haben.   

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